Nach Abschluss unserer Trainings hören wir häufig die Frage nach einem Methodenhandbuch. Natürlich erfüllen wir diese Bitte sehr gerne, dennoch ist unserer Erfahrung nach Methodenkenntnis gerade mal die halbe Miete. Warum? Weil für die nachhaltige Anwendung agiler Ansätze vor allem eine bestimmte Haltung notwendig ist, die sich in spezifischen Denk- und Handlungsweisen äußert. Diese Haltung ist die Basis für die Entfaltung agilen Denkens und Handelns und für eine proaktive Weiterentwicklung (persönlich und im Team) – unabhängig von Prozessen und Methoden.
Heißt konkret: durch das Verinnerlichen und Anwenden bestimmter Denk- und Verhaltensweisen werden Fähigkeiten trainiert, die methodisch und inhaltlich unabhängig sind – und die auch noch da sind, wenn „die nächste (methodische) Sau durch das Unternehmen getrieben wird“.
Doch welche Denk- und Verhaltensweisen zeichnen diese Haltung aus? Wir haben für euch einige zusammengestellt, die aus unserer Sicht den Kern ausmachen.
Empathisch und menschzentriert denken und handeln
Wer Neues nah am Nutzer gestalten will, braucht vor allem eines: Empathie. Empathie bedeutet, die Gefühle und Gedanken anderer Menschen zu verstehen und sich in sie hineinversetzen zu können. Doch was sich einfach anhört, ist in der Realität harte Arbeit. Denn wir neigen dazu, unsere eigene Wahrnehmung auf die unserer Mitmenschen zu projizieren und unsere Sicht der Dinge als wahrhaftig zu betrachten.
Umso wichtiger ist es also, sich bewusst zu machen, dass wir oft mit Annahmen arbeiten. Wir dürfen also unsere eigene Sicht hinterfragen und danach streben, die Welt aus der Sicht derjenigen zu betrachten, für die wir etwas gestalten wollen. Wie denkt und fühlt diese Person, was hat sie für Bedürfnisse und Probleme?
Es geht also darum, menschzentriert im Sinne der Kunden und Kundinnen unserer Produkte, Services und Geschäftsmodelle zu denken und zu handeln. Aber auch menschzentriert im Sinne unserer MitarbeiterInnen, KollegInnen und anderer Stakeholder.
Lust am Lernen entfachen, hegen und pflegen
Seit Jahren wird auf Startup-Safaris und Seminaren von einer Kultur des Scheiterns bzw. einer Fehlerkultur gesprochen, die im Unternehmen etabliert werden sollte. Und das ist prinzipiell auch richtig. Wir bevorzugen den Begriff der Lernkultur. Warum? Weil wir nicht nur aus Fehlern lernen wollen, sondern darüber hinaus die Lust am (lebenslangen) Lernen bei uns selbst und unseren KollegInnen entfachen möchten. Denn nur, wenn wir es schaffen, immer wieder den Status Quo zu hinterfragen und die Perspektive anzupassen, können wir Veränderung und Entwicklung als Teil eines proaktiven Lernprozesses betrachten. Natürlich darf und sollte man selbstbewusst durchs Leben gehen, aber sich trotzdem immer wieder bewusst machen, dass genau dieser Lernprozess niemals zu Ende sein wird.
Optimistisch und begeisterungsfähig sein und bleiben
Für jede neue Idee finden wir mindestens 10 Gründe, wieso wir es lieber bleiben lassen sollten. Denn „das haben wir schon immer so gemacht“ und überhaupt: „Der Kunde will das sowieso nicht“. Aber destruktiv und pessimistisch zu sein, ist wirklich zu einfach. Wer Neues nach vorne treiben will, der darf optimistisch und begeisterungsfähig sein und bleiben – und im besten Fall auch seine KollegInnen damit anstecken können. Denn durch Optimismus und Zuversicht können wir schwierige Situationen – sei es auf zwischenmenschlicher oder inhaltlicher Ebene – meistern. Daher wollen wir ausprobieren und Möglichkeiten suchen, wo soeben noch unüberwindbare Hürden zu sein schienen. Es gilt, Unsicherheiten wahrzunehmen, ja sogar mit einer positiven Grundeinstellung zu umarmen und anzugehen, anstatt den Kopf einzuziehen und auf der Stelle zu treten.
Die Kraft des Gemeinsamen fordern und fördern
Kollektive Intelligenz und Kreativität erreichen mehr als Einzelpersonen. Das heißt natürlich nicht, dass Expertenwissen irrelevant ist, sondern dass es in Kombination und in der Gemeinschaft genutzt werden sollte.
Wir wollen Synergien nutzen und dem „not invented here“-Syndrom entgegenwirken. Denn unserer Erfahrung nach scheitern neue Ansätze selten aufgrund fehlender Ideen, sondern vielmehr daran, dass verschiedene Personen und Abteilungen nicht an einem Strang ziehen oder sich gegenseitig Steine in den Weg legen.
Wir arbeiten daran, unsere eigenen Befindlichkeiten zurückzustellen und jeden Tag etwas mehr im Team zu denken und zu handeln.
Produkte entwickeln Probleme lösen und Mehrwerte gestalten
Ganz gleich, womit euer Unternehmen Geld verdient – unterm‘ Strich zielt alles darauf ab, Probleme von Menschen zu lösen und für sie Mehrwerte zu schaffen. Dabei kann es sich um ein Produkt, einen Service oder einen Prozess handeln. Den Fokus legen wir immer auf den Menschen und seine Problemen und Bedürfnissen – und nicht auf eine Produktidee, für die man nur noch das passende Problem finden bzw. konstruieren muss.
Experimentierfreudig und mutig sein und bleiben
Niemand kann die Zukunft vorhersagen – aber wir können sie proaktiv gestalten. Daher gilt es, experimentierfreudig zu sein, Dinge auszuprobieren und mit einem neugierigen Blick und einer gehörigen Portion kreativen Selbstbewusstseins auf die Welt zu schauen. Denn nur wer neuen Ansätzen die Chance gibt, sich zu entfalten, kann Neues überhaupt erst ergründen. Dabei ist vor allem eines wichtig: Mut! Mut, falsch zu liegen, Kritik von den Kollegen oder Nutzern einzustecken oder Geld und Ressourcen zu verbrennen.
Aber das sollte euch nicht abschrecken, solange ihr klein startet und euch fragt: Safe enough to try? Denn was kann schlimmstenfalls passieren? Die meisten von uns sind keine Herzchirurgen, weshalb wir diese Frage guten Gewissens mit „eigentlich nichts“ beantworten können. Deshalb gilt es, zu machen anstatt (nur) zu quatschen, Fakten zu schaffen und sich bewusst zu machen, dass jede Veränderung und jeder neuer Ansatz mit dem ersten kleinen Schritt startet.
Eigenverantwortlich und unternehmerisch denken und handeln
Wer sich in agilen Frameworks bewegen will, muss bereit sein, Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen und unternehmerisch zu denken. Denn agile Ansätze können nur dann ihre volle Kraft entfalten, wenn Einzelpersonen und Teams bereit sind oder dazu befähigt werden, eigenverantwortlich zu handeln und somit schnell und schlank zu agieren. Aber nicht nur das: Rollen- und Kompetenzbasierte Entscheidungswege haben jede Menge Potentiale, stellen aber auch Führungskräfte vor neue Herausforderungen, die es gilt im gemeinsamen Dialog mit viel Übung und Training anzugehen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Verinnerlichung derartiger Denk- und Verhaltensweisen niemals abgeschlossen ist, sondern stetig trainiert, gehegt und gepflegt werden sollte. Dieses Training darf auf drei Ebenen passieren: Durch Inspiration, Austausch (mit Gleichgesinnten) und vor allem: Erfahrung. Gerade hinsichtlich des Sammelns von Erfahrungen ist es also hervorzuheben, dass methodische Ansätze eher ein Mittel zum Zweck sind: Der Ausbildung und des Einübens einer bestimmten Haltung.
mjndset over method gilt auch in unseren Projekten im Kontext der agilen Organisationsentwicklung und das Training von Haltung und Mindset ist ein absolutes Kernelement. Das klingt spannend? Dann meldet euch gerne bei uns.