Die 10 größten Fehler bei der digitalen Zusammenarbeit – und wie man sie vermeiden kann
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Steffen Szary

Steffen ist Gründer von openmjnd und agiler Organisationsentwickler.

Die 10 größten Fehler bei der digitalen Zusammenarbeit – und wie man sie vermeiden kann

Plötzlich im Home-Office, und was nun? Tausende Unternehmen in ganz Deutschland befinden sich gerade mitten in einem Transformationsprozess. Für die einen ist das Arbeiten von zu Hause eine komplette Neuerung, andere haben schon Erfahrung. Unabhängig von den unterschiedlichen Wissensständen, gibt es zehn Fehler, mit denen man die remote Zusammenarbeit garantiert vor die Wand fährt – obwohl sich diese mit ein paar Kniffen vermeiden lassen.

 

 

Die meisten Organisationen scheinen den plötzlichen Umstieg auf rein virtuelle Zusammenarbeit technisch gut gemeistert zu haben. Doch nur weil die technischen Rahmenbedingungen gegeben sind, heißt es noch nicht, dass auch die Zusammenarbeit von jetzt auf gleich gut funktioniert. Vielfach müssen sich auch MitarbeiterInnen erst an die neue Situation gewöhnen. Wer die folgenden zehn klassischen Fehler begeht – im eigenen Home-Office, bei der virtuellen Zusammenarbeit und beim Erlernen neuer Routinen – dem gelingt das garantiert nicht:

 


Endlich Home-Office. Und Jetzt?

 

 

#1 Privates und Berufliches nicht trennen
Das Schöne am Home-Office ist doch, dass wir uns alle ein Stückchen näher sind, als es die härtere „Business-Schale“ im Arbeitsalltag zulässt. Die Kinder laufen durch das Blickfeld der Webcam, der Hund bellt, und man selbst sitzt im provisorisch eingerichteten Arbeits-/Gästezimmer. In so einem Setting fällt es vielen schwer, in den richtigen Arbeitsmodus zu kommen – und abends auch wieder abschalten zu können. Meine Empfehlung: Setzen Sie Grenzen. Ziehen Sie sich morgens ganz normal an, vereinbaren Sie mit Ihrer Familie klare Arbeits- und Familienzeiten und machen Sie Kaffee- und Mittagspausen. Wichtig ist auch die räumliche Trennung. Sollten Sie nicht ohnehin schon ein Arbeitszimmer haben, richten Sie sich dieses oder zumindest einen bestimmten Bereich ein – und spazieren Sie zum Feierabend durchs Viertel, als Ersatz für den Weg von der Arbeit nach Hause.

 

 

#2 Gesparte Zeit unbewusst vertrödeln
Durch eine fehlende An- und Abfahrt sparen viele von uns Zeit. Oftmals wird diese gesparte Zeit jedoch vertrödelt oder dafür verwendet, mehr zu arbeiten als gewöhnlich. Das ist natürlich aller Ehren wert, führt aber langfristig zu Unzufriedenheit. Sollten es also die privaten Verpflichtungen zulassen, nutzen Sie die neugewonnene Zeit ganz bewusst für sich – etwa für Weiterbildung, Meditation, oder Sport – und planen Sie diese Slots gezielt in Ihrem Tag ein.



#3 Konzentrations- und Kommunikationszeit nicht trennen
Eine der größten Herausforderungen aktuell ist die Umstellung von Kommunikationsprozessen und -tools. Wer nur per E-Mail mit seinem Team kommuniziert, gibt viel Raum für Missverständnisse. Wer von einem Telefonat zum anderen hetzt und Anfragen immer sofort beantwortet, der findet keine Ruhe für fokussiertes Arbeiten. Was man aber im Home-Office mehr denn je braucht, ist eine Balance zwischen Konzentrations- und Kommunikationszeit. Es ist daher empfehlenswert, sich den Tag im Home-Office klar in eben solche Slots einzuteilen. Notwendig ist eine Fokuszeit von einer bis drei Stunden am Tag, in der jede externe Kommunikation ausgeschaltet ist und man sich ganz seinen Themen widmet. Gefördert wird ein fokussiertes Arbeiten beispielsweise durch die Pomodoro-Technik: Nach 25 Minuten konzentriertem Arbeiten folgen fünf Minuten Pause. Wer ständig von neuen E-Mails aus seinem Workflow herausgerissen wird, braucht jedes Mal Zeit, um wieder konzentriert weiterarbeiten zu können. Diese ständige E-Mail Flut macht es unmöglich, in einen tiefen Arbeitsflow zu kommen. Checken Sie Ihre E-Mails am besten nur drei Mal täglich und erledigen Sie alles, bei dem Sie zeitnah eine Rückmeldung benötigen, per Telefon.

 


Und was ist mit Teamwork?



#4 Meetings genauso unproduktiv wie sonst abhalten – nur digital
Machen wir uns Nichts vor: Die meisten Meetings, die in Unternehmen stattfinden, sind unnötig und unproduktiv. Das gilt nicht nur für das Büro, sondern vor allem für die Besprechungen aus dem Home-Office. Viele Unternehmen machen den Fehler, dass die nicht wirklich produktiven Präsenz-Meetings einfach irgendwie digital durchgeführt werden. Dabei ist meine Empfehlung: Nutzen Sie die jetzige Ausnahmesituation als Chance, um in Ihrem Unternehmen oder Bereich eine Meeting-Kultur zu schaffen, die langfristig wirkt und von der Sie auch in Zukunft profitieren können.

Konkret heißt das: kein Meeting ohne Ziel, Agenda und Zeitrahmen, der nur im Ausnahmefall überschritten werden darf. Und vor allem kein Meeting ohne Moderation, die Struktur gibt, Ziel und Zeit im Auge behält und auf ausgeglichene Redebeiträge achtet. Gemeinsam im Team sollten Regeln festgelegt werden, die geübt, angepasst und mit der Zeit verfestigt werden können. Neue Rollen wie der „Regelwächter“ oder der „Timekeeper“ helfen Ihnen dabei.



#5 Auf digitale Rituale & Routinen verzichten
Passend zu digitalen Meetings, sind auch fehlende Rituale und Routinen zu nennen. Eingespielte Rituale auf dem Arbeitsweg oder im Büro sind im Home-Office passé. Dabei sind sie sehr wichtig, um uns ein gutes Gefühl und Struktur zu geben und gleichzeitig eine motivierende und produktive Teamatmosphäre herzustellen. Es ist wichtig, dass jedes Team seine eigenen Rituale schafft – auch bei der virtuellen Zusammenarbeit. Sei es ein kleiner Videotanz, wenn jemand eine herausfordernde Aufgabe bewältigt hat, oder ein virtuelles High Five, bei dem sich Kollegen nacheinander Dank und Lob wertschätzen. Beliebt ist auch ein sogenannter Check-in, bei dem zum Tagesstart jedes Teammitglied in Kürze die Fragen beantwortet: „Wie geht es mir heute“? und

„Gibt es irgendeinen Grund, warum ich mit meinen Gedanken nicht voll da sein kann?“


#6 Das Soziale vergessen
In Zeiten von Social Distancing müssen wir uns alle in sozialer Abstinenz üben. Das betrifft nicht nur das Privat-, sondern auch das Berufsleben. Denn der tägliche Smalltalk oder das Gespräch in der Kaffeeküche sind essenziell für das Wohlbefinden – individuell und als Team. Doch zwischen den aktuellen organisatorischen und technischen Problemen und den vielen Unklarheiten, wird das Soziale oftmals vergessen. Dabei ist es hier und jetzt dringend notwendig. Treffen Sie sich auf einen „digitalen Kaffee“ oder stoßen Sie am Freitag am digitalen Bartresen auf sich als Team und Ihre Erfolge an. Durch Warmups und Icebreaker sind Sie mit Spaß dabei, machen sich gleichzeitig mit den technischen Möglichkeiten der digitalen Interaktion im Team vertraut und bauen Hürden ab. Und durch neue Austauschformate geben Sie beispielsweise Raum, um in diesen turbulenten Zeiten auch Ängste und Sorgen mit dem Team zu teilen.



#7 Keine digitale Netiquette festlegen
Damit ein Team auch aus dem Home-Office heraus gut funktionieren kann, bedarf es einer digitalen Netiquette als Basis. Dazu gehört ein funktionierender Ton ohne störende Hintergrundgeräusche und eine eingeschaltete Kamera ohne Gegenlicht oder ablenkende Hintergründe. Auch grundlegende Regeln, wie das aktive Zuhören, das Ausreden lassen der Kollegen und die volle Konzentration aller auf das aktuelle Meeting gehören dazu (ohne gleichzeitiges Beantworten von E-Mails). Und wer etwas essen möchte, der sollte dies in den Pausen machen (Snacks ausgenommen). Auch wenn viele dieser Aspekte eigentlich klar sein müssten, ist die gelebte Praxis oftmals eine andere. Hier geht es also darum, sich mit seinem Team auf bestimmte Regeln und Prinzipien zu verständigen, die den Beteiligten wichtig sind und in Meetings und Diskussionen geübt werden. Wenn es nicht gleich funktioniert, ist es hilfreich, die Regeln beispielsweise in die Meeting-Einladung zu schreiben und eine Person zu bestimmen, die auf die Einhaltung der Regeln achtet.



#8 Sich gegenseitig kein Vertrauen entgegenbringen
Neben den technischen Voraussetzungen und Hürden, ist einer der Hauptgründe gegen Home-Office in Unternehmen oftmals das fehlende Vertrauen zwischen Führungskraft und Mitarbeitern. In Zeiten des verordneten Home-Office hat dieser Grund nun keinen Platz mehr. Im Gegenteil. Und trotzdem muss sich Vertrauen natürlich erst einmal entwickeln bzw. weiter ausbauen. Hier ist es elementar, dass die verschiedenen involvierten Personen ihre Erwartungen und Bedenken offen aussprechen – und sich gegenseitig konstruktives Feedback geben, wenn es nicht so läuft, wie gewünscht. Sie sollten also – gerade jetzt zu Beginn – regelmäßige Feedbackrunden oder Retrospektiven einbauen, zum Beispiel am Ende der Woche. Mögliche Leitfragen können sein: „Was haben wir gut gemacht?“, „Was haben wir gelernt?“, „Was müssen wir künftig anders machen und warum?“, „Was sind konkrete Maßnahmen, die wir ausprobieren wollen?“

 

 

Das haben wir schon immer so gemacht

 


#9 Das Analoge in die digitale Welt kopieren
Viele Unternehmen haben sich bei der Umstellung auf Home Office reflexartig gefragt: Wie machen wir es aktuell und wie können wir nun genau dies in den digitalen Raum überführen? Und auch, wenn dieser Ansatz natürlich nicht grundsätzlich falsch ist, so basiert er doch auf einem Trugschluss und führt dazu, dass Unternehmen Chancen verpassen. Denn der digitale Raum bietet uns neue Rahmenbedingungen und mit seinen vielen (Software-)Tools auch neue Möglichkeiten. Mit trello können Sie Ihr Projektmanagement gestalten und in Slack kommunizieren Sie in Echtzeit, während Sie mit Mentimeter interaktive Meetings und Diskussionsrunden kreieren. Und diese Aufzählung könnte nun ewig so weitergehen. Daher sollten beispielsweise Kommunikationsprozesse, Rituale und Rollen hinterfragt und angepasst werden, sodass die Möglichkeiten, die uns nun erwarten, auch genutzt werden können. „Das haben wir schon immer so gemacht“ gilt nicht mehr!



#10 Den Veränderungsprozess unterschätzen
Wer glaubt, dass ein paar neue Software-Tools und ein Plakat mit Meeting-Regeln reichen, um die eigene sowie die Arbeit im Team produktiv zu gestalten, der liegt falsch. Denn mit der Arbeit von zu Hause ist es so wie mit allem: Ganz egal, ob Sie nun Gewohnheiten ändern oder neue hinzu bekommen wollen – am Ende des Tages geht es immer um Selbst- und Teamdisziplin. Und genau hier liegt der Knackpunkt. Denn wenn nicht alle beteiligten Personen bereit sind, an sich selbst zu arbeiten, dann werden die Bemühungen im Keim ersticken. Daher sollten Unternehmen nun auf allen Ebenen das Thema als höchste Priorität ansehen – nicht nur auf Krisenebene und als Zwischenlösung. Denn neben den organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen, geht es um viel mehr: um Menschen und deren interaktive Kommunikation und Zusammenarbeit im digitalen Raum. Daher gilt es, als Basis diesen Rahmen zu schaffen, um dann in einem nächsten Schritt seine Mitarbeiter und Kollegen schulen zu lassen, sodass sich das volle Potential der digitalen Zusammenarbeit entfalten kann.

 

 

Natürlich gibt es Best-Practices und Beispiele, aber jedes Unternehmen mit all seinen verschiedenen Menschen und Vorerfahrungen ist eben unterschiedlich. Daher sollten Sie vor allem ausprobieren und Maßnahmen auf Basis Ihrer Erkenntnisse und im gemeinsamen Teamwork anpassen. Denn nur so können Sie das richtige Maß an Gewohntem und Neuem für Ihr Unternehmen und Team entwickeln. Und damit Sie sich nicht übernehmen, behalten Sie immer im Hinterkopf: Start small, but start!

 

 

Die Welt steht Kopf – und wir sind mittendrin. Sowohl auf gesundheitlicher wie auch wirtschaftlicher Ebene sprechen wir hier von einer absoluten Tragödie. Dazu gibt es keine zwei Meinungen. Und trotzdem birgt jede Herausforderung auch Chancen. Ich glaube fest daran, dass diese Krise unsere Arbeitswelt langfristig zum Guten verändern wird. Überflüssige Geschäftsreisen fallen weg und die Möglichkeiten der digitalen Kollaboration werden Teamprozesse nachhaltig verbessern und noch flexibler machen. Unternehmen sollten nicht den Fehler machen und sich nun einfach irgendwie arrangieren oder die Zeit überbrücken. Sie sollten sich die Zeit nehmen, um sich zu sammeln – und dann proaktiv die digitale Zukunft gestalten.

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